Letzte Woche ging es endlich so richtig los. Mit Rucksack und Klapprad fuhr ich mit der Tram ins Zentrum von Berlin und von dort ein Stück in den Norden. Mit dem Klapprad im Zug zu reisen funktioniert sehr gut. Es nimmt kaum zusätzlichen Platz ein, da ich es zwischen meine Beine stellen kann. Die Züge waren nicht zu voll, daher konnte ich sitzen. Schießlich kam ich in Wittstock an, leider mit etwas Verspätung. Dadurch fuhr der Bus, der mich noch ein gutes Stück gefahren hätte, vor meiner Nase weg. So klappte ich also mein Fahrrad auseinander und fuhr das letzte Stück der Strecke selbst - mit schwerem Gepäck und nur drei Gängen schon etwas anstregend. Mein Ziel war die Kuckucksmühle, eine alte Wassermühle, die aktuell das Zuhause von 3-4 dauerhaften menschlichen Bewohnis* sowie drei Katzen ist.
Das Ziel des Projekts war bzw. ist eine Permakultur-Farm sowie einen Hackerspace aufzubauen. Beides existiert allerdings bisher nur in Ansätzen. Mir wurde bereits im Vorfeld angekündigt, dass das Projekt aktuell eher ruht, da es an Menschen mangelt, die Zeit und Geld investieren können, um die Vision voranzubringen. Der Charakter des Projekts ist daher aktuell eher der einer WG mit Fokus auf Nachhaltigkeit. Es gibt einen großen Garten mit Gemüsebeeten, eine Kompost-Toilette und Außenduschen mit Wasser, das über eine Solarthermie-Anlage erwärmt wird.
Für den gemeinen Städter mag ein Aufenthalt hier etwas gewöhnungsbedürftig sein. Im Haus gibt es (zumindest im Sommer) kein warmes Wasser und auf Duschen im Freien und Kompost-Klo muss man sich erstmal einstellen (es gibt allerdings auch eine normale Toilette mit Wasserspülung im Haus). Die Möbel und die sonstige Einrichtung ist der langen Geschichte des Hauses entsprechend etwas antiquiert. Teilweise herrscht auch etwas Chaos und Unordnung. Dies sind die Dinge denen man sich bewusst sein sollte, wenn man hierher kommt.
Für mich persönlich war der Aufenthalt in der Mühle eine positive Erfahrung. Obwohl ich nur 11 Tage hier verbracht habe, stellte sich schnell ein Gefühl von Vertrautheit mit dem Ort und den Menschen die hier leben ein. Die drei Katzen Luna, Jaguar und Apache gewöhnten sich schnell an mich und waren sehr zutraulich. Besonders Luna ließ sich gerne ausgiebig streicheln. Ein großer Luxus war es für mich, dass ich mich einfach in den Garten in die Sonne setzen konnte, auch für die Arbeit am Laptop - etwas, das in der Aachener Innenstadt nicht möglich war. Die Menschen hier haben teilweise einen sehr unterschiedlichen Tagesrhythmus. Morgens war es meistens sehr ruhig im Haus. Manchmal wurde gemeinsam zu Abend gegessen oder auch mal zusammen etwas gespielt, ansonsten machten größtenteils alle ihr eigenes Ding.
Nach der langen Studienzeit, in der ich mich primär kognitiv betätigt habe, war eine der Motivationen diese Reise auszutreten auch mal Erfahrungen mit praktischerer Arbeit zu machen. Auch dazu bot die Mühle Gelegenheiten. Während meines Aufenthalts habe ich unter anderem Holz mit der Kreissäge zerkleinert, das Dach eines alten Backhauses etwas ausgebessert, sehr viele Johannisbeeren gepflückt und Konfitüre gekocht, eine Fassade von Dornenranken befreit und Rasen gemäht.
Neben den dauerhaften Bewohnis* waren auch öfter Menschen zu Besuch da. Am letzten Wochenende an dem ich da war, zog auch noch eine weitere Person in die Mühle ein und ein anderer Mensch, der nur am Wochenende hier ist, kam ebenfalls. So waren wir zu sechst. Das zweite Wohngebäude war zeitweise an Gäste vermietet, die allerdings eher unter sich blieben.
Alles in allem war es ein sehr angenehmer und entspannter Besuch. Ich habe Menschen kennengelernt, die ähnliche Werte vertreten wie ich und hatte anregende Gespräche. Gleichzeitig ist deutlich geworden, dass es schwierig ist Menschen zu finden, die bereit sind sich dauerhaft hier zu engagieren, Zeit und Geld zu investieren und die Vision mit der das Projekt einmal gestartet ist umzusetzen. Einige Faktoren, wie z. B. die ÖPNV-Anbindung, sind suboptimal. Meine Hoffnung ist, dass ich in den kommenden Wochen Gemeinschaften besuchen werde in denen größere Kapazitäten existieren, um nicht nur im eigenen Haus, auf dem eigenen Hof und in der eigenen Gemeinschaft, sondern auch darüber hinaus wirksam zu sein, sich zu entwickeln und immer mehr Menschen anzuziehen, die an einer gemeinsamen Vision mitwirken wollen.
*Ich habe angefangen in meinen Texten zu entgendern.