Einer der Orte auf die ich während meiner Recherche zu alternativen Projekten gestoßen bin, ist die Freie Feldlage in Harzgerode. Dort hat eine Gruppe von Menschen eine alte Kinder-Lungenheilklinik mit riesigem Gelände gekauft. Perspektivisch möchten sie dort mit 50-80 Menschen leben. Über die Webseite der Freien Feldlage erfuhr ich, dass im August eine einwöchige Veranstaltung dort stattfinden würde - die Undjetzt?!-Konferenz. Da die Beschreibung für mich sehr interessant klang und ich gerade selbst ein bisschen vor der Frage “Und jetzt?” stehe, habe ich mich einfach mal angemeldet.
“Die inhaltlichen Themen sind breit gefächert: gelebte Nachhaltigkeit, Klimagerechtigkeit, Perspektiven aus dem globalen Süden, Feminismus, alternatives Wirtschaften, soziale und globale Gerechtigkeit, Antirassismus, Persönlichkeitsentwicklung und vieles mehr.”
Undjetzt?!-Konferenzen gibt es bereits seit 2009, aufgrund von Corona ist die Konferenz allerdings in den letzten zwei Jahren ausgefallen. Ursprünglich war sie als Auffangbecken für Menschen gedacht, die einen Freiwilligendienst gemacht haben und diesen reflektieren und sich tiefergehend mit Themen wie den oben genannten auseinandersetzen wollten. Mittlerweile ist die Zielgruppe breiter geworden und umfasst verschiedene Menschen, die in der Regel irgendwie politisch aktiv sind. Es war bereits das dritte Mal, dass die Konferenz auf dem Gelände der Freien Feldlage stattfand.
Es war schön, dass ich durch meinen Besuch der Konferenz die Gelegenheit hatte ein bisschen durch den Harz zu fahren. Das letzte Stück des Wegs war allerdings ganz schön herausfordernd. Da die Züge nach Harzgerode, wo sich die Freie Feldlage befindet, nicht sehr regelmäßig fahren, entschied ich mich die 20 Kilomenter von Quedlinburg mit dem Fahrrad zu fahren. Mir war allerdings nicht klar, dass ich auf dieser Strecke über 400 Höhenmeter zu bewältigen hatte. Der erste Teil des Wegs war noch sehr nett. Ich hatte eine schöne Aussicht auf die Landschaft, kam durch kleine Bergdörfer mit Fachwerkhäusern und engen Gassen und vorbei an Bächen an denen alte Gasthäuser standen.
Dann ging es allerdings auf eine Landstraße, die durch den Wald führte und fast nur bergauf verlief. Mit meinem 3-Gang-Klappfahrrad und dem schweren Gepäck war es mir in meinem untrainierten Zustand nicht möglich diese Strecke zu fahren - weite Teile musste ich schieben. Zwischendurch dachte ich darüber nach den Daumen rauszustrecken und mich per Anhalter mitnehmen zu lassen. Dadurch, dass mein Klapprad in jeden Kofferraum passt, wäre das ohne Weiteres möglich gewesen. Ab einem gewissen Punkt hatte ich dann aber den persönlichen Ehrgeiz es selbst schaffen zu wollen. Ich wurde durch einen Streckenabschnitt belohnt auf dem es mehrere hundert Meter bergab ging und ich mit hoher Geschwindigkeit die Straße entlangrauschen konnte. Dafür ging es im Anschluss wieder bergauf. Als ich auf dem letzten Kilometer noch einmal anhielt um zu verschnaufen fiel mir auch noch mein Fahrrad auf die Füße und ich zog mir eine leichte Fußverletzung zu. Als ich ankam war ich bis auf die Knochen durchgeschwitzt. Anstelle der von der Navi-App angezeigten 1h 50m hatte ich über drei Stunden gebraucht. Da ich genug Puffer eingeplant hatte, kam ich aber noch rechtzeitig zum Abendessen.
Die Freie Feldlage war der erste Ort auf meiner Reise an dem ich tatsächlich mein Zelt aufbaute. Für die Teilnehmis* der Konferenz stand eine Zeltwiese am Waldrand zur Verfügung. Nachdem ich angefangen hatte mein Zelt aufzubauen, stellte ich fest, dass vor dem Eingang sehr viele Ameisen entlangliefen. Also schaute ich mir den Boden ein paar Meter weiter an und versetzte das Zelt dorthin. Beim Hereinschlagen des letzten Herings bemerkte ich erneut eine Ameisenstraße. Also setzte ich das Zelt ganz woanders hin. Als ich das Zelt erneut aufgebaut hatte entdeckte ich - wie könnte es anders sein - schon wieder eine Ameisenstraße. Ich ließ das Zelt dennoch einfach stehen und hatte im Verlauf der Woche auch keine Probleme. Am nächsten Tag hatten die Ameisen ihren Verkehrsweg verlegt und mein Zelt blieb weitgehend Ameisen-frei. Der Grund warum ich im Kontext Zelten so empfindlich auf Ameisen reagiere ist, dass ich einmal mein Zelt im verpackten Zustand auf einer Wiese habe liegen lassen und eine Woche später ein Ameisennest darin entstanden war. Die Säcke für Gestänge und Heringe waren voller Eier gewesen.
Am Sonntag begann das Programm der Konferenz. Als erstes gab es einen Block mit dem Titel “Gemeinschaftsbildung” bei dem es allerdings in erster Linie um das Setzen und Akzeptieren von Grenzen ging. In wechselnden Zweier-Konstellationen sahen wir uns gegenseitig lange an und liefen Schritt für Schritt aufeinander zu, bis die stehende Person ihre persönliche Komfortgrenze erreicht sah. Die Übungen waren durchaus fordernd, denn sich immer wieder auf eine neue, völlig fremde Person einzustellen und dieser “Nein” zu sagen, fand ich auf die Dauer anstrengend. Am Nachmittag ging es inhaltlich los, mit einer Podiumsdiskussion zu der Frage “Wie wollen wir leben und arbeiten?”. Mit dabei war Friederike Habermann, auf die ich schon früher einmal gestoßen war. Es hat mich gefreut zu sehen, dass sie etwas zum Programm der Konferenz beitragen würde. Erst vor wenigen Tagen habe ich im Kanthaus im Bücherregal ihr Buch “Ausgetauscht” gesehen und kurz durchgeblättert. In der Podiumsdiskussion vertrat sie die Position, dass wir Menschen von einer alternativen Logik zur Markt-/Tauschlogik überzeugen müssen. Sie glaubt nur so ist ein grundlegender Systemwechsel möglich.
Am nächsten Tag besuchte ich die zwei Workshops, die Friederike anbot. Im ersten gab sie einen Überblick über die Probleme, die sie mit der Marktlogik sieht. Im zweiten lag der Fokus auf “Commons” und “Commoning”, als Alternativen zu Eigentum und Lohnarbeit. Wir sammelten bereits (in Ansätzen) existierende Beispiele für Commons, und sprachen über typische Muster in Commons-Projekten. Zu dem zweiten Workshop kam ich etwas zu spät, da ich die Spülschicht für das Mittagessen übernommen hatte. Während des Mittagessens kam es zu einem Wolkenbruch und wir mussten die Spülstraße im strömenden Regen aufbauen. Als wir mit Spülen fertig waren musste ich eine Weile umherlaufen um den Workshop zu finden, da aufgrund des Wetters alle Workshops aus den Workshop-Zelten in die alte Schule umgezogen waren.
Ich war den Tag über etwas aufgeregt, weil am Abend eine Silent Disco stattfinden würde und ich mich in der Morgenrunde bereit erklärt hatte den freien Kanal zu betreuen. Das Konzept der Silent Disco ist, dass alle Teilnehmenden Kopfhörer tragen, welche verschiedene Kanäle empfangen können. Für zwei Kanäle war bereits Musik vorbereitet worden, aber es sollte noch einen dritten Kanal geben für den sich Menschen Musik wünschen konnten. Ich wäre dann dafür verantwortlich diese Musik bei der Disco über Spotify abzuspielen. Wenn sich allerdings nicht genug Musikwünsche finden würden, dann müsste ich die Musik selbst aussuchen. Weil ich im Laufe des Tages nicht die Zeit gefunden hatte, ein “DJ-Set” zusammenzustellen, war ich daher etwas nervös. Glücklicherweise kamen am Abend am laufenden Band neue Musikwünsche, so dass ich nur die letzte halbe Stunde selbst füllen musste. Mir gefällt die Idee der Silent Disco sehr gut. Wenn du als DJ einen Musikwunsch entgegennimmst, dann kannst du einfach deine Kopfhörer abnehmen und entspannt mit der Person sprechen, ohne sich anschreien zu müssen. Ebenso kannst du selbst die Lautstärke der Musik einstellen und wenn es mehrere Kanäle gibt, dann kannst du frei wählen auf welche Musik du gerade Lust hast.
Am nächsten Tag startete das Programm etwas später. Statt des regulären Frühstücks um 8 Uhr gab es ein spätes Brunch und gleichzeitig den “Markt der Möglichkeiten” bei dem Menschen ihre Initiativen vorstellen konnten. Mich freute sehr, dass ein Mensch aus Salzderhelden dort war. Dieser Ort war nämlich der nächste den ich besuchen würde. So konnte ich schon mal ein paar Fragen stellen und hatte zumindest zu einer Person von dort einen Namen und ein Gesicht. Tatsächlich traf ich auch noch auf ein paar weitere Menschen aus dem Umfeld Salzderhelden. Ein paar von ihnen waren nämlich als Koch-Team angereist, das uns dreimal am Tag mit Essen versorgte. Die KüfA (Küche für Alle) war vegan und sehr lecker. Ich finde es immer wieder beeindruckend wie es Menschen schaffen für mehr als 50 Leute so lecker zu kochen.
Nach diesem entspannten Start in den Tag mit Brunch und Markt der Möglichkeiten gab es noch einen Workshop-Slot. Während mir am Vortag die Wahl der Workshops leicht gefallen war, musste ich mich dieses mal ein kleines bisschen überwinden, um den Workshop zum Thema Raufspiele zu besuchen. Dieser Workshop war an diesem Tag der meistbesuchte. Das Setting war folgendes: Wir alle saßen in einem Raum im Kreis. In der Mitte war eine Fläche aus Matratzen aufgebaut. Nach einer kurzen Einführung, in der alle ihre Zustimmung zu den Vereinbarungen gegeben hatten, ging es los. Nun konnte jede Person in den Kreis gehen, sich vor eine andere Person setzen und sie so auffordern zusammen zu raufen. Sagt die aufgeforderte Person “Nein”, dann setzt sich die auffordernde Person wieder zurück. Wenn die aufgeforderte Person zustimmt, dann gehen beide in die Mitte. Was sie dort zusammen tun, ist völlig ihnen überlassen. Nur wenn eine Person “Nein” sagt oder abklopft, dann muss die andere Person damit aufhören was sie gerade tut. Bei einem “Stopp” wird der Kampf unterbrochen. Abgesehen davon soll alle Kommunikation nonverbal passieren. Am Anfang saßen wir sehr lange schweigend da, bis sich die erste Person traute in die Mitte zu gehen. Es lag viel Spannung in der Luft, denn es war völlig offen was als nächstes passieren würde. Die Begegnungen fielen dann grob gesagt in zwei Kategorien. Entweder die zwei Menschen gingen sehr zärtlich miteinander um, berührten sich oder kuschelten miteinander, oder sie kämpften tatsächlich, allerdings nicht wirklich im Sinne eines Wettbewerbs, sondern eher spielerisch. Als nach der ersten Begegnung wieder alle sehr lange schweigend dasaßen, traute ich mich schließlich in die Mitte. Ich setze mich vor eine Person, mit der ich bereits ein bisschen gesprochen hatte und die in meiner Bezugsgruppe war. Sie willigte ein. Von vielen Menschen beobachtet zu werden, insbesondere in einer Situation in der ich spontan sein und reagieren muss, ist nicht unbedingt eine Position, die sich für mich erstrebenswert anfühlt. Nachdem wir begonnen hatten, konnte ich allerdings die im Kreis sitzenden Menschen fast völlig ausblenden. Mein Fokus lag nur bei meinem Gegenüber. Nachdem wir uns ordentlich verausgabt und den Kampf beendet hatten, war die Anspannung von mir abgefallen und ich konnte den restlichen Begegnungen entspannter beiwohnen.
Der Mittwoch war Aktionstag. Das bedeutet, dass es verschiedene Möglichkeiten für ein Ganztagesprogramm gab, zwischen denen man wählen konnte. Ich machte das Programm zum Thema Permakultur mit. Am Vormittag ging es ein bisschen um Theorie und wir planten ein kleines Stück Garten. Am Nachmittag besichtigten wir verschiedene Orte auf dem Gelände an denen ein Kompost angelegt worden war und besprachen was es dabei zu beachten gab. Danach legten wir selbst einen Wurmkompost und einen Bokashi-Kompost an.
Am Donnerstag waren Open Spaces geplant. Ähnlich wie beim Workshopfestival konnten die Teilnehmenden selbst Programm anbieten - ob Gesprächsrunde, Workshop oder gemeinsame Aktion. Es kam eine ziemlich große Auswahl zusammen - 21 Programmpunkte für 3 Zeitslots. Ich besuchte zwei Gesprächsrunden, eine zum Thema Männlichkeit und eine zu Ängsten alternativ zu leben. Zwischendurch war ich bei einem kurzen Acro-Yoga-Workshop. In Zukunft würde ich gerne selbst in irgendeinem Bereich genug Wissen bzw. Fähigkeiten erwerben, um das Gefühl zu haben einen interessanten Workshop oder Open Space anbieten zu können. Am Abend spielte die Band “Letters of Vakara”. Sie machen sehr abwechslungsreiche Musik mit häufigen Taktwechseln, die oft zwischen fließend und treibend hin- und herwechselt.
Der Freitag war der letzte volle Konferenz-Tag. Am Morgen besuchte ich einen Workshop zum Thema Selbstorganisation in Gruppen, welcher sehr vollgepackt mit Informationen war. Beim zweiten Programmpunkt bei dem die Möglichkeit gegeben werden sollte die Konferenz für sich zu reflektieren, machte ich nicht mit. Stattdessen setzte ich mich ins Undjetzt-Café, schrieb etwas an einem Blog-Text weiter und unterhielt mich dort mit Menschen. Das Undjetzt-Café war eine Jurte in der ein paar Matratzen lagen, sowie ein Tisch mit Getränken und Tassen. An den heißen Tagen war es sehr schön dort die Möglichkeit zu haben gekühlten, selbstgemachten Eistee zu trinken. An diesem nass-kalten Tag dagegen genoss ich den leckeren Chai Tee, der ebenso wie der Eistee von Menschen der Freien Feldlage kam. Am späten Nachmittag gab es einen vorläufigen Abschluss, anhand der Ideen der Teilnehmenden. Wie beim Open Space teilten wir uns in verschiedene Gruppen aus, die jeweils eine gemeinsame Aktivität machten oder sich über eine bestimmte Frage austauschten. Ich baute mit ein paar anderen eine menschliche Maschine und übte danach ein Lied, dass wir zum Abschluss mit allen gemeinsam sangen. Das war ein schöner Abschluss. Am Abend gab es eine Offene Bühne mit einigen sehr schönen Beiträgen. Eine Person, die ich während der Konferenz als sehr still wahrgenommen hatte, trug zwei starke, nachdenkliche Texte vor. Und es gab auch witzige Beiträge wie das Powerpoint-Karaoke. Gegen Ende zog sich die Offene Bühne allerdings etwas, auch da es schon sehr spät geworden war und langsam die Müdigkeit einsetzte.
Wie schon beim Workshopfestival war das Programm der Undjetzt?!-Konferenz sehr voll. Man hatte selten das Gefühl eine Pause einlegen zu können ohne etwas zu verpassen. Um auch mit den anderen Teilnehmis* der Konferenz ins Gespräch zu kommen boten sich die Randzeiten an - abends und beim Essen. Ich denke es kann bei solchen Events leicht passieren, dass sich bereits in den ersten Tagen Grüppchen bilden, sofern Menschen nicht sowieso bereits als Gruppe angereist sind, und man viele Menschen außerhalb der eigenen Gruppe gar nicht kennenlernt. Diese Dynamik wurde, auf wie ich finde angenehme Weise, beim Essen durchbrochen. Vor der KüfA standen mehrere Bierzelttische und der übliche Modus, nachdem man sich Essen geholt hatte, war sich einfach an einen zu setzen an dem gerade noch Platz war. So fand immer wieder eine Durchmischung statt und man kam mit verschiedenen Leuten ins Gespräch. Eine weitere Möglichkeit sich außerhalb des Programms mit Menschen auszutauschen waren die Abende. Meistens gab es am Ende des Tages ein Lagerfeuer. Einmal machten wir dabei auch Stockbrot.
Zu Beginn der Konferenz wurden außerdem Bezugsgruppen gebildet. In diesen ausgelosten Gruppen trafen wir uns jeden Abend nach dem Abendessen zum Austausch. Dabei gab es jedes Mal einen vom Orga-Team vorbereiten Zettel auf dem eine Aktivität oder alternativ eine zu diskutierende Frage vorgeschlagen wurde. Oft ignorierten wir diese Vorschläge allerdings und sprachen einfach über das, was uns gerade interessierte. Solche Bezugsgruppen sind denke ich sehr sinnvoll, um sicherzustellen, dass alle Teilnehmis* gehört werden und niemand “hinten runter fällt”. In meiner Bezugsgruppe verstanden wir uns so gut, dass wir beschlossen uns in ein paar Monaten noch mal treffen zu wollen, vielleicht zum Wandern.
Während meiner Reise bin öfter mal auf etwas gestoßen, das mir erst kurz zuvor an einem anderen Ort begegnet war - ein bestimmtes Thema, eine Organisation, ein Ort oder ein Event von dem ich kurz zuvor schon einmal erfahren hatte. Eines dieser wiederkehrenden Dinge war die Wanderuni. Nachdem ich bereits in Brück während des Workshopsfestivals auf eine Gruppe der Wanderuni getroffen war, traf dieselbe Gruppe wenige Tage nach meiner Ankunft auch in Harzgerode ein. Außerdem lernte ich eine weitere Person aus einer anderen gegenwärtigen Wanderuni-Gruppe kennen (deren Gruppe sich temporär aufgeteilt hatte) und mehrere Personen, die früher einmal an der Wanderuni teilgenommen hatten. Die Idee ist mit einer Gruppe von Menschen 6 Monate lang unterwegs zu sein und dabei selbstbestimmt das zu lernen, was man gerne lernen möchte. Es ist als Gegenentwurf zum normalen Studium an einer Hochschule gedacht. Die Gruppe entscheidet selbst über die Route und die Art der Fortbewegung. In Gesprächen erfuhr ich außerdem mehr über ein anderes alternatives Angebot für junge Menschen, das “Freiwillige Freie Jahr”. Weitere interessante Verweise gab es auf thematisch mit der Undjetzt?!-Konferenz verwandte Events wie das Utopival und das MOVE Utopia.
Am Samstag, dem offiziell letzten Tag der Konferenz, hatte ich die Möglichkeit an einer Führung durch die ehemalige Klinik teilzunehmen. Seit ich angekommen war, hatte das imposante, verlassen wirkende Gebäude eine gewisse Faszination auf mich ausgeübt.
Wir sahen uns diverse Räume an, wie etwa das Büro des Chefarztes, einen alten Operationssaal, die Unterbringungen der Krankenschwestern und den Balkon auf den die Kinder in ihren Betten geschoben worden waren, um jeden Tag mehrere Stunden Sonne und frische Luft zu bekommen. An den Wänden hingen ein paar alte Schwarz-Weiß-Fotos von damals.
Dieses Gebäude zu renovieren wird wohl noch ein jahrzehntelanges Projekt. Besonders die Auflagen wegen Brand- und Denkmalschutz verkomplizieren den Prozess. Gleichzeitig bietet dieser Ort eben ziemlich viele Möglichkeiten.
Nach der Führung war ich beim Abbau-Plenum, bei dem wir mit allen, die noch zum Abbau blieben Aufgaben sammelten und verteilten. Ich hatte beschlossen zumindest noch bis Sonntag zu bleiben und ein bisschen zu helfen. Die Aufgabe, die ich übernahm, war in einem Flügel der Klinik sauber zu machen, in dem ein paar Teilnehmis*, Referentis* und die KüfA-Crew der Undjetzt?!-Konferenz untergebracht gewesen waren.
Am Sonntag nach dem Frühstück packte ich meine Sachen und brach mittags auf. Ich fuhr mit dem Fahrrad zum Bahnhof Harzgerode. Von dort nahm ich die Harzer Schmalspurbahn, die langsam die Berge entlangkroch. Diese Art zu reisen hat etwas Romantisches.
Neben den hier geschilderter Erfahrungen nehme ich von der Undjetzt?!-Konferenz die Erinnerung an die vielen engagierten Menschen mit, die ich dort kennengelernt habe, und an das Miteinander, das wir während dieser Woche zusammen geschaffen haben. Ich habe das Gefühl, dass auf der Konferenz viele sehr selbstmotivierte und zumeist auch sehr reflektierte Menschen aufeinandertreffen. In der Regel wurde sehr achtsam miteinander umgegangen und gleichzeitig sehr offen kommuniziert. Dies bedeutete etwa auch ehrliches Feedback zur eigenen Außenwirkung zu bekommen. Beeindruckt hat mich auch zu erfahren, dass es kein festes Orga-Team gibt, sondern sich in der Regel auf der Konferenz selbst Menschen zusammenfinden, welche die nächste Konferenz organisieren wollen. Immer wieder sind also Teilnehmis* so motiviert und es ist ihnen so wichtig, dass die Konferenz auch in Zukunft stattfinden wird, dass sie bereit sind selbst die Verantwortung dafür zu übernehmen und das hohe Maß an Organisationsaufwand auf sich zu nehmen. Ich denke das spricht für sich.
*Ich habe angefangen in meinen Texten zu entgendern. Klicke hier für eine unterhaltsame Erklärung des Konzepts.